Über viele Jahre sind die Kaufpreise für Eigentumswohnungen den Wohnungsmieten insbesondere in den Metropolen regelrecht davongerannt, was die Diskussion um eine Preisblase am Wohnungsmarkt von Jahr zu Jahr immer stärker befeuerte. Das Jahr 2022 dürfte dieser Diskussion die Grundlage entzogen haben. Mittlerweile steigen die Angebotsmieten deutlich stärker als die inserierten Verkaufspreise, und zwar nicht nur in den Metropolen, sondern auch in mittelgroßen Städten.
Nach Analyse von JLL sind in den acht Metropolen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart die Angebotsmieten im zweiten Halbjahr 2022 im Schnitt (Median) um 6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Die Kaufpreise verteuerten sich im gleichen Zeitraum dagegen nur um 1,6 Prozent. Im zweiten Halbjahr 2022 gaben sie sogar gegenüber dem ersten Halbjahr um 3,1 Prozent nach. Betrachtet wurden sowohl Neubauten als auch Bestandswohnungen.
Die Trendumkehr wird beim mittelfristigen Vergleich deutlich. So stiegen die Angebotspreise in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt um 9,1 Prozent p.a., während die Angebotsmieten um durchschnittlich 3,7 Prozent pro Jahr zulegten. „Im vergangenen Jahr ist die Bevölkerung infolge hoher Zuwanderung nach Deutschland gewachsen, was die Nachfrage nach Mietwohnungen zusätzlich befeuert hat. Dies ist zu einem großen Teil auf die vielen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zurückzuführen, aber auch grundsätzlich ist die internationale Zuwanderung nach den schwächeren Coronajahren wieder gestiegen“, erläutert Roman Heidrich, Lead Director Residential Valuation & Transaction Advisory JLL Germany. Hinzu kommt, dass die Bautätigkeit zu gering ist, um für eine Entlastung am Mietwohnungsmarkt zu sorgen. „Aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen für den Wohnungsneubau kann kurz- bis mittelfristig nicht mit einer Verbesserung der Situation gerechnet werden.“
Das stärkste Mietplus verzeichnet mit Abstand Berlin. Dort stieg die Medianmiete im Jahresvergleich um 15,5 Prozent auf 16 Euro/m². Ebenfalls recht dynamisch ging es in Leipzig (plus 8,9 Prozent) und Hamburg (plus 7,0 Prozent) zu. Unterdurchschnittlich entwickelten sich hingegen Frankfurt (plus 3,9 Prozent), München (plus 2,4 Prozent) und Stuttgart (plus 1,7 Prozent). Der teuerste Mietmarkt bleibt München mit 21,40 Euro/m² im Mittel der Neuvertragsmieten. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Betrachtung der Spitzenmiete, die in München bei 30 Euro/m² stagnierte und in Stuttgart sogar um 2,5 Prozent auf 21,45 Euro/m² nachgab.
Auffallend ist die Diskrepanz zur Mietentwicklung in den Metropolen zum Umland. Während innerhalb der Stadtgrenze die Angebotsmieten um 6,2 Prozent zulegten, sind Wohnungen innerhalb von 30 Minuten Fahrzeit um 5,8 Prozent preiswerter zu mieten als vor einem Jahr. Dauert die Fahrt noch länger, beträgt der Mietrückgang bereits 7,5 Prozent. Diese Entwicklung dürfte eine Folge der stärkeren Mietpreisentwicklungen in den vergangenen Jahren sein.
Münchner Kaufpreise geben nach, Berliner Wohnungen sind preisstabil
Bei den Kaufpreisen vergrößert sich der Kreis der Städte mit negativer Entwicklung. In Köln (minus 2,2 Prozent), München (minus 2,1 Prozent) und Frankfurt (minus 0,4 Prozent) wurden Wohnungen günstiger inseriert als vor einem Jahr, in Stuttgart stagnierten die Preise. Am tiefsten müssen Käufer nach wie vor in München in die Tasche greifen. Kleiner Trost: Dort werden Wohnungen wieder mehrheitlich unter 10.000 Euro/m² angeboten. Im Spitzensegment fällt der Preisnachlass in München mit 7,8 Prozent am üppigsten aus. Auf Halbjahressicht wird nur für Berlin ein Anstieg der Kaufpreise registriert, und zwar um 2,4 Prozent. „Der wesentliche Grund für die negative Entwicklung bei den Kaufpreisen für Eigentumswohnungen sind die deutlich gestiegenen Finanzierungszinsen“, sagt Sebastian Grimm, EMEA Head of Multifamily Valuation.
Aufgrund der verschlechterten Finanzierungskonditionen werden Grimm zufolge viele potenzielle Käufer in den Mietmarkt zurückgetrieben. „Das spiegelt sich in der geringeren Nachfrage nach Eigentumswohnungen einerseits und weiter steigenden Mieten andererseits wider.“
In den Landkreisen steigen Mieten und Kaufpreise im Gleichschritt
Abseits der Metropolen fällt die Entwicklung unterschiedlich aus. Während in den kreisfreien Städten analog zu den Metropolen die Mieten deutlich stärker anzogen als die Kaufpreise, entwickelten sich in den Landkreisen Angebotsmieten und -preise mit nahezu gleicher Dynamik.
Ohne die acht größten Immobilienstandorte betrug das Mietwachstum in den kreisfreien Städten 4,4 Prozent und damit etwas weniger als im Fünfjahresmittel (5,1 Prozent). Bei den Kaufpreisen ging es im Jahresvergleich nur noch um 0,6 Prozent nach oben. Zum Vergleich: In den vergangenen fünf Jahren verteuerten sich die Wohnungspreise in den kreisfreien Städten um durchschnittlich 10,3 Prozent.
Bei den Landkreisen fällt das Preisplus mit 6,1 Prozent höher aus als in den Metropolen und den kreisfreien Städten, bleibt aber ebenfalls deutlich unter dem Mittelwert der vergangenen fünf Jahre (9,9 Prozent). Mit 6,0 Prozent liegt das Mietwachstum in den Landkreisen nur leicht unter den Metropolen, dafür aber über dem Fünfjahresschnitt (4,4 Prozent).
Quelle: JLL