Das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) begeht in wenigen Wochen, am 4.7.2023 seinen zehnten Jahrestag. Ein Grund zu feiern? Jedenfalls ist es ein Grund, Rückschau zu halten.
Das deutsche KAGB basiert auf der europäischen Gesetzgebung, der AIFM-Richtlinie 2011/61/EU vom 8.6.2011. Mit der Richtlinie sollte die Zulassung, die laufende Tätigkeit sowie die Transparenz von Verwaltern alternativer Investmentfonds (AIF), also nicht produktbezogen, geregelt werden. Die EU-Mitgliedstaaten konnten nationale Produktregelungen festlegen. Infolge des Inkrafttretens des KAGB wurde das Investmentgesetz (InvG) aufgehoben. Regelungen des InvG wurden teilweise in das KAGB übernommen. Der Anwendungsbereich des KAGB umfasst offene und geschlossene Fondsstrukturen sowie Publikumsfonds und Spezial-AIF. Dazu wurden, auf Basis des seit über 100 Jahre geltenden Aktiengesetztes (AktG) und des Handelsgesetzbuches (HGB) neue Gesellschaftsformen durch das KAGB-Aufsichtsrecht geschaffen: die Investmentaktiengesellschaft (InvAG) und die Investmentkommanditgesellschaft (InvKG).
Mit der AIFM-Richtlinie griff der europäische Gesetzgeber in Folge der Immoblilienkreditkrise in den USA 2008 und der nachfolgenden Lehman-Pleite 2009 verstärkt in die Finanzmarktregulierung ein, die Verwalter von AIF, Produktgeber (Emittenten), Intermediäre und auch Verbraucher (Investoren) betraf. Das Zivil- und Gesellschaftsrecht musste mehr und mehr der europäischen Kapitalmarktgesetzgebung angepasst werden. So umfasst das KAGB – europarechtlich nicht ungewöhnlich -eine hohe Regelungsdichte von 364 Paragraphen. Nicht wenige davon mit vielen Absätzen und Unterabsätzen, Rückverweisungen und Bandwurmsätzen. Im Vergleich zum deutschen HGB eine schwere Lektüre.
Aber auch das KAGB musste beständig neuen europarechtlichen Vorgaben gemäß novelliert werden und löste sich zuletzt durch das Fondsstandortgesetz (FoStoG) vom 3.6.2021 von der aufsichtsrechtlichen Überlagerung des Zivil- und Gesellschaftsrechts hin zu einem eigenständigen kapitalmarktrechtlichen Zivilrecht.
So wurden mit dem FoStoG erstmals geschlossene Spezial-AIF-Sondervermögen eingeführt. Bisher durften geschlossene inländische Investmentvermögen nur als InvAG oder als InvKG bei hoher Regelungsdichte und Risikomischung aufgelegt werden. Die Abgrenzung von „offen“ und „geschlossen“ ergibt sich danach, ob die Investoren bereits vor ordentlicher Fondsliquidation Anteile an dem Fonds zurückgeben dürfen oder nicht (Liquiditätsbedürfnis!).
Gegenüber der in der Praxis bis heute weit verbreiteten geschlossenen InvKG bietet das geschlossene Sondervermögen aufsichtsrechtlich zahlreiche Vorteile bei dessen Auflegung und Verwaltung. Beispielsweise wird keine Komplementärgesellschaft (die das herkömmliche Gesellschaftsrecht noch fordert) für den AIF benötigt. Weiterhin entfällt das Erfordernis eines Gesellschaftsvertrages und das der Eintragung des Kommanditisten in das Handelsregister. Im Rahmen der laufenden Fondsverwaltung entfällt das Erfordernis einer Gesellschafterversammlung und Beschlussfassung. Schließlich sind die Anteilsscheine an dem Sondervermögen depotfähig, was insbesondere deren Erwerb und die Übertragbarkeit erleichtert.
Nach zehn Jahren KAGB kann festgestellt werden, dass nichts ist so beständig ist wie der Wandel. Das Aufsichtsrecht wird sich weiter von dem Gesellschaftsrecht und den herkömmlichen zivilrechtlichen Regeln lösen und weiter hin zu einem eigenständigen Kapitalmarktrecht verfestigen. Die Marktteilnehmer werden stärker reguliert und die Markttransparenz erhöht werden. Nicht verschwiegen werden soll, dass sich der Markt infolge der Regulierungen bereinigt hat: nur ein Bruchteil der Produktgeber und Produktvertriebe haben die Umstrukturierung durchlebt.
Rechtsanwalt und Fachanwalt Ralph Veil, Kanzlei Mattil, Thierschplatz 3, 80538 München.
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