September 2025 | Beteiligungsreport Jubiläumsausgabe 25 Jahre von Alexander Betz
Wie sehr profitieren Sie bereits von Internet, Digitalisierung, Big Data, KI & Co?
Die Technologien sind längst verfügbar. Doch die digitale Transformation verläuft in vielen Unternehmen schleppend oder scheitert ganz. Die Folge: Fehlende Wertschöpfung, sinkende Wettbewerbsfähigkeit. So liegt Deutschland im IMD World Digitalranking 2024 nur auf Rang 23. Während die Technologie immer schneller voranschreitet, droht der Anschluss an die Chancen von Digitalisierung und KI verloren zu gehen.
Gleichzeitig entwickeln sich die Märkte rasant: Kunden erwarten Services in Echtzeit. Plattform-Geschäftsmodelle drängen in alte Branchen. Investoren fordern digitale Wachstumsstrategien. Transformation ist deshalb nicht nur Risikovorsorge, sie ist Voraussetzung für zukünftiges Wachstum.
Das WARUM der Transformation ist damit offensichtlich. Entscheidend sind nun das WAS & WIE. Denn: Digitalisierung ist ganz nett, aber die Transformation entscheidet.
Wenn also nicht die Technologie der Engpass ist, was ist es dann?
Unsere Überzeugung: Zuerst muss das Geschäftsmodell an die neue Realität angepasst werden. Darauf baut ein modernisiertes Betriebsmodell auf. Es integriert nahtlos die Wertschöpfungskette, stellt den Kunden ins Zentrum und organisiert Menschen kollaborativ entlang dieser Kette.
Erst dann folgt die Technologie. Modern, integriert, zweckgerichtet. Die Reihenfolge ist entscheidend: Technologie folgt Strategie und Organisation.
WAS ist wichtig.
Transformation heißt Silos einreißen, Wertschöpfungskette und Customer Journey verzahnen, Technologie als Wachstumsmotor nutzen. Alles beginnt mit einem klaren Zielbild, in dem der Erfolg bereits verankert ist. In einer ganzheitlichen Strategie wird das Geschäftsmodell als digitale Plattform gedacht, in der alle Stakeholder und ihre Bedürfnisse über alle Geschäftsfelder, Vertriebskanäle und Märkte hinweg intelligent vernetzt sind.
So entsteht ein ambitioniertes Transformationsziel. Es macht neue Technologien zum Hebel und dient allen Beteiligten vom Eigentümer über das Management bis zu den Mitarbeitenden als Nordstern.
Doch ein Zielbild allein reicht nicht. Es muss in der Organisation wirksam werden, transparent, messbar und für alle nachvollziehbar. Genau hier setzt das neue Betriebsmodell an. Es schafft Klarheit, indem es auf konsequente Transparenz über Leistungen, Rollen, Daten und Systeme herstellt.
Zunächst wird die Customer Journey aus Sicht des Kunden beschrieben. Darauf aufbauend wird die interne Wertschöpfungskette systematisch erfasst. Gemeinsam mit den Mitarbeitenden werden die einzelnen Leistungen, Rollen und Systeme präzise definiert. Wir nennen das „Wer macht was mit welchen Daten in welchem System?“
Die Ergebnisse werden bereichsübergreifend abgestimmt, in einem Servicekatalog gebündelt und mit klaren Verantwortlichkeiten sowie qualitativen und quantitativen Kennzahlen hinterlegt. Jeder Service richtet sich dabei an einen klar definierten Kunden selbst wenn er im Unternehmen sitzt.
Erfolgsentscheidend ist, dass jede Leistung unternehmensweit funktional nur einmal, in einem Team, mit eindeutigen Daten und nur einer Anwendung erbracht wird. So entsteht operative Exzellenz und Effizienz auf Seiten der Mitarbeitenden. In dieser Einfachheit, Klarheit und Transparenz liegen die Voraussetzungen, die Digitalisierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette erfolgreich umzusetzen. So kommen stets die gleichen Services, Prozesse, Daten und Systeme zur Anwendung. Und der Kunde entscheidet flexibel, welchen Service er über welchen Kanal wann und wie nutzt.
Zwar sprechen Unternehmen gerne von Kundenorientierung. Tatsächlich wird wie zuvor skizziert jedoch die gesamte Wertschöpfungskette zunächst „rückwärts“ gedacht: Konsequent aus der Perspektive des Kunden! Die gesamte Leistungserbringung erfolgt dann natürlich „vorwärts“ und genau so, dass sie die zuvor definierte ‚Customer Journey‘ ideal bedient.

WIE ist wichtiger.
Das beste Konzept hilft nichts, wenn es nicht erfolgreich umgesetzt wird. Entscheidend ist das WIE der Transformation. Und darüber entscheidet vor allem eines: die Menschen. Transformation gelingt nur, wenn Mitarbeitende sie nicht nur erdulden, sondern selbst wollen und aktiv mitgestalten.
Ich erinnere daher gerne daran, dass die Leibeigenschaft in Deutschland im Jahr 1817 durch König Wilhelm I. abgeschafft wurde. Auch in der Transformation gilt: Sie braucht keine Befehlsempfänger, sondern Mitgestalter. Menschen folgen nicht mehr blind einer Hierarchie. Sie folgen Überzeugung, Sinn und Wertschätzung. Der Boss wurde abgeschafft.
Damit möchte ich ausdrücken, dass eine Transformation dann am besten gelingt, wenn die Mitarbeitenden diese auch wirklich wollen. Und dies ist regelmäßig der Fall, wenn sie Wertschätzung & Anerkennung sowie Einbindung & Gestaltungsraum erhalten. Daher die Frage: Sind Sie Boss oder Leader? Denn moderne Führung als Leader ist der Schlüssel zur erfolgreichen Transformation.
Das Fundament bilden die in der Grafik skizzierten Prinzipien, mit denen alle Beteiligten motiviert und koordiniert dem Nordstern folgen, die Konzepte in bereichsübergreifender Kollaboration entwickeln und in agiler Arbeitsweise umsetzen.
Leader setzen auf Beteiligung statt auf Kontrolle. Sie geben einen mutigen Vertrauensvorschuss, stärken ihre Teams und „empowern“ die Experten, denn diese wissen oft am besten, wie Prozesse, Systeme und Services verbessert werden können.
Klingt nach Buzzwords? Nein, es wird nur leider zu oft in Präsentationen versprochen und zu selten real gelebt und umgesetzt. Klingt unrealistisch? Nein, Transformation gelingt, wenn Führungskräfte Raum geben und die Mitarbeitende wirklich wollen. Denn es sind Menschen.
Als Korrektiv für die möglicherweise etwas idealistisch anmutende Arbeitsweise gelten: Es wird ein klarer Rahmen gesetzt, jedes Thema wird einem Owner zugeordnet, jedes Ziel wird auf verdauliche Einzelschritte reduziert, jeder Status wird in einem Kollaborationstool dokumentiert – es herrscht vollständige Transparenz! So entsteht Vertrauen durch Klarheit.
Ferner wird über eine Steering & Alignment Group das gesamte Programm aus einem Guss gesteuert, während zur Bewältigung der Komplexität parallel mehrere Projekte, Products und Workstreams umgesetzt werden. Wir favorisieren die Objectives und Key Results (OKR) Methode, mit der die Ziele und erwarteten Arbeitsergebnisse in rigoroser Klarheit vereinbart und gesteuert werden.

Digitale Transformation ist einfach.
Klares Zielbild und motivierenden Nordstern etablieren. Geschäftsmodell so adaptieren, dass es mit Technologie skalieren kann. Organisation nahtlos entlang der Wertschöpfung gestalten. Bereichsübergreifende Kollaboration herstellen, die Mitarbeiter begeistert. Gemeinsam schrittweise umsetzen.
Autor: Alexander Betz
Digitale Transformation im Family Office
Grundsätzlich gelten im Family Office selbstverständlich die gleichen Zusammenhänge wie im Artikel dargestellt. Hinzu kommt jedoch die Herausforderung, dass in der Regel hohe Ansprüche der Prinzipale auf eine vergleichsweise kleine Betriebsgröße treffen. Und daher bieten große Beratungshäuser oftmals keine passgenaue Lösung an und große etablierte Softwarelösungen sind zumeist zu aufwendig. Außerdem sind die Geschäftsmodell häufig sehr vielschichtig angelegt, was Komplexität erzeugt. Desto wichtiger ist es, die Anforderungen präzise zu erheben und zu hinterfragen, um zuerst ein adäquates Zielbild zu entwickeln, bevor Technologie eingekauft und implementiert wird.