Der deutsche Hotelinvestmentmarkt[1] schließt 2022 mit dem stärksten Quartal des Jahres ab. Dennoch schlägt das vergangene Jahr mit dem schwächsten Ergebnis seit 2013 zu Buche. Obwohl im vierten Quartal rund 657 Millionen Euro in deutsche Hotels investiert wurden, blieb das Gesamtjahr mit knapp 1,85 Milliarden Euro, verteilt auf 65 Transaktionen, ein Viertel hinter dem Vorjahr zurück. Der Zehn- und Fünfjahresschnitt wurde um 43 Prozent bzw. knapp 47 Prozent unterschritten.
Heidi Schmidtke, Managing Director der Hotels & Hospitality Group, analysiert: „Das Jahr 2022 hat viele neue, unerwartete Herausforderungen mit sich gebracht. Nachdem der Hotelinvestmentmarkt nach zwei pandemiegetrübten Jahren einen starken Abschluss 2021 gesehen hat und diesen Schwung auch in das erste Quartal 2022 noch mitnehmen konnte, haben uns die geopolitischen und makroökonomischen Ereignisse im Laufe des Jahres eingeholt. Die Unsicherheit, hervorgerufen durch den Krieg in der Ukraine, Zinserhöhungen, Inflation und Energiekrise haben die Investmentaktivität in der zweiten Jahreshälfte ausgebremst und viele Investoren veranlasst, erst mal abzuwarten.“
Verteilt auf 60 Abschlüsse entfielen im Gesamtjahr 2022 rund 1,48 Milliarden Euro auf Einzeltransaktionen, davon kamen 14 mit 485 Millionen im letzten Quartal hinzu. Dies entspricht einem Minus von 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bei einer sogar höheren Anzahl an Transaktionen als im Vorjahr (56 Einzeltransaktionen) ist die durchschnittliche Transaktionsgröße von 32 Millionen auf knapp 25 Millionen Euro gesunken.
Zu den größten Einzeltransaktionen im Jahr 2022 zählten:
• Die größte Einzeltransaktion des Jahres mit einem Volumen von 116 Millionen Euro bleibt der Verkauf des Sheraton Berlin Grand Hotel Esplanade im ersten Quartal. Für das 5-Sterne Hotel mit 394 Zimmern ist eine Gesamtrenovierung und Umnutzung zu einer Mixed-Use-Immobilie mit Hotel sowie Büro- und Einzelhandelsflächen vorgesehen. Die Immobilie wurde von Archer Hotel Capital und Event Hotels an die Deutsche Finance in Partnerschaft mit der Cells Group verkauft.
• Der Ankauf des Fünf-Sterne-Hotels A-Rosa Sylt durch das Family-Office Wirtgen Invest im letzten Quartal. Das Ferienhotel mit 177 Zimmern wurde durch die Deutsche Immobilien Invest veräußert und soll zukünftig weiter durch die DSR Hotel Holding unter der Eigenmarke A-Rosa betrieben werden.
• Die Veräußerung des denkmalgeschützten Gebäudes The Loom Berlin im vierten Quartal, das ehemals als Plus Hotel & Hostel Berlin betrieben wurde. Mit dem Verkauf an Ehret+Klein für ein Münchner Family-Office ist eine Umnutzung in Bürolofts vorgesehen. Der Verkäufer war PGIM Real Estate.
• Der Projektverkauf des zukünftigen me and all Leipzig Krystallpalast als Teil eines Portfolioverkaufs von Neubauwohnungen in einigen ostdeutschen Städten im ersten Quartal. Käufer war die Commerz Real, die das Objekt für den offenen Immobilienfonds Hausinvest vom Projektentwickler Quarterback erworben hatte. Der Baubeginn des Hotels mit 282 Zimmern ist für das Frühjahr 2023 vorgesehen.
• Der Erwerb des Caro & Selig Hotel am Tegernsee durch die Union Investment im letzten Quartal des Jahres. Der Verkäufer, eine Tochtergesellschaft des Bauträgers Planquadrat, wird das Objekt mit 125 Zimmern voraussichtlich bis März 2023 fertigstellen. Das Hotel wird zukünftig unter einem Pachtvertrag und der Marke Autograph Collection betrieben.
Im Gesamtjahr 2022 konnten fünf Portfoliotransaktionen mit rund 369 Millionen Euro verbucht werden, somit ein Minus von 44 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bei drei Transaktionen weniger als 2021 ist die durchschnittliche Transaktionsgröße dabei von 83 Millionen auf 74 Millionen Euro gesunken.
Projektverkäufe sind im Gesamtjahr 2022 um 58 Prozent zurückgegangen und kommen somit mit 300 Millionen Euro auf anteilig 16 Prozent des Gesamtvolumens (716 Millionen und 29 Prozent im Jahr 2021). Insgesamt mehr als 13 Prozent und knapp 246 Millionen Euro entfielen auf Hotels, die als Teil einer Mixed-Use-Immobilie veräußert wurden.
Institutionelle Investoren haben ihren Anteil aus dem vergangenen Jahr mit 35 Prozent (652 Millionen Euro) halten können, gefolgt von Entwicklern mit 19 Prozent (349 Millionen Euro) und Privatinvestoren mit knapp 19 Prozent (342 Millionen Euro). Deutsche Anleger steuerten dabei in diesem Jahr knapp 72 Prozent (1,3 Milliarden Euro) zum Gesamttransaktionsvolumen bei, somit anteilig mehr als 2021 (63 Prozent).
Heidi Schmidtke analysiert: „Die vorherrschende Erwartungshaltung der Marktakteure ist, dass die Zinssätze in den nächsten Monaten erneut moderat steigen und spätestens ab der Jahresmitte ein klareres Bild der weiteren Markt- beziehungsweise Preisentwicklung vorherrscht. Zum Anfang des Jahres werden die Karten neu gelegt, viele Investoren hoffen auf eine Stabilisierung der zuletzt so volatilen makroökonomischen Indikatoren. Diese braucht es, um wieder Vertrauen in die zuletzt unstetige Dynamik von Kaufpreiseinschätzungen zu schaffen.“
„Die Aktivität auf dem Hotelinvestmentmarkt bleibt durchweg hoch, wenngleich Prozesse wegen der Preisvolatilität deutlich länger dauern, teils unterbrochen werden und sich dies somit auch im Transaktionsvolumen niederschlägt. Ob sich das Transaktionsvolumen 2023 erneut der Zwei-Milliarden-Euro-Marke nähern kann, wird sich erst im Laufe der kommenden Monate abzeichnen. Klar scheint hingegen, dass mit einer erhöhten Aktivität erst ab der zweiten Jahreshälfte zu rechnen ist“, erwartet Heidi Schmidtke.
Quelle: JLL