Gedanken zum Deutschland-Bashing

von Prof. Dr.-Ing. Markus Koschlik, Professor für Bauingenieurwesen bei Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach

„Die Ampel hat Deutschland komplett heruntergewirtschaftet – jeder sollte Deutschland so schnell wie möglich den Rücken zukehren!“ – Derartige Kommentare habe ich in letzter Zeit häufiger gelesen. Unabhängig davon, dass es schon an eine Meisterleistung grenzen würde, wenn die „Ampel“ das in etwas mehr als zwei Jahren tatsächlich hätte schaffen können, bin ich am Wochenende trotzdem mal in mich gegangen und habe reflektiert, wohin ich persönlich denn „flüchten“ würde, falls die Aussage zuträfe und ich „nur noch raus aus Deutschland“ wöllte (Sie können gerne mitreflektieren).
 
Die Gesamtauswahl besteht (abzüglich D) aus 194 Staaten, die von der UN voll völkerrechtlich anerkannt werden.
 
➡Natürlich würde ich nicht in einen Staat fliehen, der aktiv an Kriegen oder kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligt ist.
 
„Für das Jahr 2022 zählt das UCDP 55 verschiedene Konflikte mit staatlicher Beteiligung, von denen acht die Intensitätsstufe eines Krieges erreicht haben.“ Also würden schon mal Staaten wie Russland, Israel, Indien, Pakistan, Indonesien, Ägypten, Türkei, Syrien, Philippinen und fast alle afrikanischen Staaten wegfallen (ca. 40 Staaten).
 
➡Als nächstes würde ich nur ein Land auswählen, das über ausreichende demokratische Strukturen verfügt.
 
Die britische Zeitschrift „The Economist“ berechnet jährlich einen Index, der den Grad der Demokratie (u.a. Bürgerrechte) in den meisten Staaten der Welt (167) misst. D wird hier (wie nur 22 andere Staaten) als vollständige Demokratie bezeichnet, nimmt weltweit Platz 12 ein und konnte den eigenen Index-Wert trotz einer deutlichen Verschlechterung des globalen Index konstant hochhalten. Da keiner der vor D platzierten Staaten an Kriegen oder kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligt ist, bleiben diese zur Auswahl übrig (Norwegen, Neuseeland, Island, Schweden, Finnland, Dänemark, Irland, Schweiz, Holland, Taiwan, Luxemburg).
 
➡Nimmt man noch den HDI-Entwicklungsindex (u.a. BIP) dazu, bleiben nur noch folgende Staaten übrig, die vor D platziert sind und nicht schon vorher „aussortiert“ wurden: Schweiz, Norwegen, Island, Dänemark, Schweden, Irland.
 
Da bleibt also nicht so viel übrig. Zugegebenermaßen alles schöne Länder mit tollen Landschaften und (zumindest nach meiner Erfahrung) aufgeschlossenen Menschen. Die Abstände zwischen diesen Staaten und D sind nicht wirklich groß und je nach persönlichen Vorlieben (z.B. Kultur, Klima usw.) könnte die Entscheidung unterschiedlich ausfallen.
 
Für mich steht fest: Es gibt kaum ein Land dieser Welt, das seinen Bürgern mehr Sicherheit, Wohlstand, Bildung, Freizügigkeit, Menschenrechte und vieles mehr bietet, als D. Das sollte sich jeder vor Augen führen. Ja, es gibt Probleme und Herausforderungen – aber es gibt für fast alle bereits Lösungen (z.B. für die Energiewende). Hinderlich sind lediglich jene Kräfte, die aus opportunistischen Gründen die Gesellschaft spalten möchten und somit die erforderlichen und möglichen Transformationen verhindern.