Auf dem deutschen Bürovermietungsmarkt liegen Licht und Schatten derzeit eng beieinander: In den ersten drei Monaten 2025 profitierte der Markt von einigen positiven Impulsen und der Büroflächenumsatz stieg in den sieben Immobilienhochburgen um 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahresergebnis auf 728.000 m². Zugleich sorgten aber die globalen wirtschaftspolitischen Entwicklungen für einen Dämpfer und Verunsicherung.
An negativen Meldungen gab es im bisherigen Jahresverlauf keinen Mangel. Neben den geopolitischen Themen liegt die Verkündung der US-amerikanischen Regierung von Importzöllen wie Blei auf der deutschen Industrie. Es fehlt der klare Blick nach vorne, zumal das am „Liberation Day“ verkündete Paket weit über das hinausgeht, was erwartet wurde. Die globale und freie Handelslandschaft wird damit schwer erschüttert.
Konstantin Kortmann, CEO JLL Germany, sagt: „Die Folge ist eine Abwartestrategie der Unternehmen, bis die Situation zumindest für die nächsten Monate klarer ist. Die unternehmerische Politik wird dabei mehr von dem ,was könnte passieren‘, anstatt von dem ,was ist passiert‘ geleitet. Zugleich gibt es aber auch Branchen wie den Verteidigungssektor, bei denen die Entwicklungen der vergangenen Monate für eine deutlich erhöhte Bedeutung und Nachfrage gesorgt haben und die nun ihre Flächen und Produktionskapazitäten ausbauen dürften. Manch andere Branche, wie etwa die Autoindustrie, dürfte derweil weiterhin im Transformationsmodus agieren.“
Dazu passt der Blick auf den Arbeitsmarkt, der sich bislang als Stabilitätsanker erwiesen hat. Die Arbeitslosenquote liegt einerseits stabil bei 6,4 Prozent (Stand März), hat sich in der Zwölfmonatsbetrachtung aber deutlich erhöht, und vor allem in der Industrie wurden nach aktuellen Zahlen allein im vergangenen Jahr 68.000 Stellen abgebaut. Laut dem aktuellen ifo-Beschäftigungsbarometer planen die Unternehmen auch 2025 weniger Neueinstellungen.
Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany, analysiert: „Insbesondere in der Industrie hält diese Entwicklung an, kaum ein Unternehmen bleibt davon verschont. Mittlerweile sind allerdings auch die für den Büromarkt wichtigen Dienstleister vorsichtiger bei der Personalplanung geworden.“ In einzelnen Bereichen behindert nach wie vor der Fachkräftemangel eine geschäftliche Expansion, dennoch deutet die aktuelle Entwicklung darauf hin, dass in den Unternehmen an der Steigerung der Produktivität gearbeitet wird, auch um die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Kontext zu verbessern beziehungsweise zu erhalten.
Bei verarbeitendem Gewerbe, Handel, Dienstleistern und Bau hellt sich die Stimmung auf
Verbessert hat sich zum Ende des ersten Quartals derweil der ifo-Geschäftsklimaindex. Insbesondere im verarbeitenden Gewerbe ist der Index deutlich gestiegen und gerade bei den Erwartungen sind die skeptischen Stimmen merklich weniger geworden. Ähnliche Stimmungsaufheller sind auch im Handel, bei den Dienstleistern und im Baugewerbe zu erkennen. „Bei Letzteren bleibt allerdings der Auftragsmangel nach wie vor die größte Herausforderung. Das könnte sich ändern, sobald das von der designierten Regierung verabschiedete Infrastrukturprogramm in die Umsetzung gelangt. Dann könnte aus dem Mangel ein Auftragsstau werden“, sagt Scheunemann.
Da auch im deutschen Mittelstand bei den Familienunternehmen eine Art Frühlingserwachen zu erkennen ist, sollten diese Ergebnisse berechtigten Anlass zur Hoffnung geben, dass das Tal der ökonomischen Schockstarre überwunden ist. Dafür spricht auch der aktuelle Flächenumsatz von 728.000 m² in den sieben Hochburgen.
Banken und Siemens sorgen für mehrere Großabschlüsse im fünfstelligen Bereich
Miguel Rodriguez Thielen, Head of Office Leasing JLL Germany, erläutert: „Wir sehen nach wie vor die öffentliche Verwaltung als großen Akteur am Markt, aber anders als noch im vergangenen Jahr zeigt sich wieder eine stärkere Heterogenität. Mit Mietabschlüssen wie mit der Commerzbank (73.000 m²) in Frankfurt, Siemens (33.000 m²) in München, der ING Diba (32.000 m²) in Frankfurt oder der Hamburg Commercial Bank (13.000 m²) in Hamburg verbucht der Markt auch wieder die klassischen Großdeals.“
Gerade der Umzug von Siemens ins Münchner Werksviertel ist bemerkenswert, da das Unternehmen nicht zwingend den Standort hätte wechseln müssen. Daneben bleibt die Branche der unternehmensbezogenen Dienstleister – mit einem Anteil von immerhin 17 Prozent im Schnitt der letzten zehn Jahre die wichtigste der 16 Branchen am deutschen Büromarkt – weiterhin aktiv. Vor allem Beratungsunternehmen und Wirtschaftsprüfer haben Konjunktur und zeigen eine hohe Nachfrage.
Der Start ist also positiv und sollten sich die konjunkturellen Schatten langsam entfernen, ist mit einem auf Jahressicht um knapp zehn Prozent besserem Umsatzergebnis als 2024 zu rechnen. Dieses Plus speist sich auch aus den am Markt kursierenden Flächengesuchen, von denen im weiteren Lauf des Jahres weitere auch größere Abschlüsse realisiert werden sollten.
Frankfurt profitiert von Großabschlüssen – in Stuttgart zeigt sich die Schwächephase der Industrie
Der Blick auf die sieben Hochburgen zeigt unterdessen ein heterogenes Bild. Frankfurt sticht in diesem Quartal mit einem Umsatzvolumen von mehr als 200.000 m² und einem Plus im Vergleich zum Vorjahr von 115 Prozent deutlich heraus. Die Mainmetropole hat damit in nur einem Quartal mehr als die Hälfte des Jahresumsatzes aus 2024 erreicht. Maßgeblich dazu beigetragen haben die beiden genannten Bankenabschlüsse, die allein für über die Hälfte des Umsatzvolumens verantwortlich zeigten. Ebenfalls ein deutliches Plus verzeichneten Hamburg mit 41 Prozent auf nun 127.000 m² sowie Köln mit 79 Prozent auf 68.000 m². Eher unerwartet Federn lassen mussten dagegen Berlin (minus 29 Prozent) und trotz des Siemens-Abschlusses auch München mit einem Minus von drei Prozent. In Stuttgart wurden in den ersten drei Monaten mit nur 42.000 m² mehr als 24 Prozent weniger angemietet als im ersten Quartal 2024.
„Der detailliertere Blick auf die baden-württembergische Landeshauptstadt ist aber aus zweierlei Gründen interessant. Zum einen zeigt sich hier ein überdurchschnittlich großer Anteil der öffentlichen Hand. Sie dominiert aktuell das Geschehen und ist auch mit weiteren, größeren Anfragen am Markt unterwegs. Und zweitens stockt die Nachfrage aus der Wirtschaft, vor allem aus der Industrie als traditionell umsatzstarke Branche in Stuttgart“, richtet Miguel Rodriguez Thielen den Blick auf die Auto- und Zuliefererstadt.
Bezeichnend für diesen Trend: Das Land Baden-Württemberg übernimmt Büroflächen, die vormals von der Industrie genutzt wurden. Die bereits seit einigen Jahren anhaltende strukturelle Schwächephase der deutschen Industrie trifft eine produktionslastige Region wie Stuttgart auch in der Assetklasse Büro, was am Beispiel der Automobilindustrie besonders deutlich wird. Im Schnitt der vergangenen zehn Jahre waren Autohersteller und Zulieferer für ein Fünftel des jährlichen Stuttgarter Büroumsatzes verantwortlich. Der Vergleich der ersten fünf Jahre (2015-2019), in denen der jährliche Büroflächenumsatzanteil bei 30 Prozent lag, mit den letzten fünf Jahren (2020-2024) und einem Anteil von nur noch drei Prozent, zeigt diese Entwicklung sehr eindrucksvoll.
Geringes Neubauvolumen, aber nach wie vor gute Vorvermietung von Neubauobjekten
Die Fertigstellungsstatistik der ersten drei Monate lässt noch kein klares Bild erkennen. Mit nur knapp 160.000 m² kamen rund 60 Prozent weniger Neubaufläche auf die Märkte der sieben Metropolen als im Vorjahresquartal. Die Streuung über die Städte ist allerdings extrem. So verzeichnete Hamburg fast eine Verzehnfachung, während in München, Berlin, Frankfurt am Main und Stuttgart zwischen 71 und 86 Prozent weniger Neubaufläche realisiert wurde. Das Fertigstellungsvolumen fällt zwar relativ niedrig aus, dennoch waren zum Zeitpunkt der Fertigstellung noch mehr als 60 Prozent nicht vermietet. Das ist ein etwas höherer Wert als in der Vergangenheit, der sich allerdings im weiteren Verlauf des Jahres auch wieder reduzieren wird, denn von den etwas mehr als einer Million m², die noch für die nächsten Quartale erwartet werden, sind nur noch 40 Prozent verfügbar.
Helge Scheunemann analysiert: „Insgesamt ergibt sich damit für das Jahr 2025 ein Fertigstellungsvolumen von 1,19 Millionen m², etwa 200.000 m² weniger als noch vor drei Monaten prognostiziert. Auch für 2026 haben sich die anvisierten Fertigstellungen im gleichen Betrachtungszeitraum um rund 100.000 m² reduziert. Das heißt auch, dass nach wie vor Projekte, wenn auch etwas weniger, verschoben oder gestoppt werden.“
Mit der oben skizzierten Stimmungsaufhellung im Bausektor sollte sich auch im Gewerbesektor die Planungs- und Realisierungssicherheit wieder erhöhen. Zudem hat sich der Anstieg der Baukosten für Büroimmobilien im vierten Quartal 2024 verlangsamt. Der entsprechende Wert lag bei nur noch 0,5 Prozent.
Leerstände steigen stärker – Investitions- und Umnutzungsdruck für Bestand nimmt zu
Die Leerstände in den sieben Immobilienhochburgen wachsen auch im ersten Quartal weiter. Mittlerweile beläuft sich das kurzfristig zur Verfügung stehende Flächenangebot auf mehr als 7,3 Millionen m², entsprechend einer Leerstandsquote von 7,4 Prozent. Diese erreichte damit den höchsten Stand seit 2014 und liegt nun auch deutlich über einer „gesunden“ Leerstandsquote von um die fünf Prozent. Der Anstieg hat sich nochmals beschleunigt und im Zwölfmonatsvergleich hat sich das Volumen um 24 Prozent erhöht.
Konstantin Kortmann erläutert: „Gleichwohl bleiben die seit einigen Quartalen postulierten drei Trends erhalten: Erstens bauen die Unternehmen bei einem Umzug nach wie vor tendenziell Fläche ab, mieten aber qualitativ höherwertige Flächen an. Dies wird durch die aktuelle negative Nettoabsorption in Höhe von 534.000 m² bestätigt. Zweitens nimmt der Druck auf Eigentümer zu, die Investitionen in ihre Bestände zu erhöhen und drittens muss das Thema Nutzungsänderung viel stärker als bisher diskutiert und angedacht werden, auch auf der behördlichen Genehmigungsseite.“
Fokus auf Ausstattungsqualität treibt die Mietpreise
Getrieben durch die nach wie vor hohe Nachfrage von Unternehmen nach Topflächen – der Anteil der Vermietungen in solchen Flächen der Qualitätsstufe A liegt bei fast 70 Prozent – bleibt die ökonomisch zunächst widersprüchliche Situation mit steigenden Preisen bei steigendem Angebot erhalten. Die Schere zwischen Topobjekten und Objekten in B oder C-Lagen mit schlechter Ausstattung geht weiter auseinander. „Sofern allerdings nachhaltige Investitionen in den Bestand getätigt werden, können auch abseits der zentralen Innenstadtlagen attraktive Büros entstehen und nicht für alle Branchen und Unternehmen kommt ein innerstädtischer Bürostandort in Frage, sodass auch in gut erschlossenen B-Lagen Mietpreissteigerungen möglich sind“, sagt Rodriguez Thielen.
Im ersten Quartal haben sich die Spitzenmieten in der Zwölfmonatsbetrachtung zwischen fast drei Prozent in Stuttgart und knapp acht Prozent in München erhöht. Lediglich in Köln verharrten sie auf ihrem Vorjahresniveau. Im Mittel über alle sieben Immobilienhochburgen steht ein Plus von 4,5 Prozent.
Helge Scheunemann prognostiziert: „Auch für den weiteren Jahresverlauf rechnen wir mit Vertragsabschlüssen, bei denen die jeweiligen Spitzenmieten erreicht oder sogar übertroffen werden könnten. Unsere Prognose sieht nach wie vor ein nominales Wachstum auf das gesamte Jahr 2025 bezogen von 2,3 Prozent.“
Quelle: JLL