ELTIF – Regulierungsnovelle 2024 – Eine geeignete Assetklasse für institutionelle Anleger?

Eine Einführung in ein vielbeachtetes, neugestaltetes Investitionssegment

Die europäische Investmentlandschaft hat mit der Einführung der überarbeiteten Verordnung zu Europäischen Langfristigen Investmentfonds (ELTIF 2.0) im Jahr 2024 einen bedeutenden Wandel erfahren. Diese Reform zielt darauf ab, institutionellen Anlegern erweiterte Möglichkeiten zur Diversifikation und zum Zugang zu langfristigen Investitionen in die Realwirtschaft zu bieten. Dieser Artikel beleuchtet die wesentlichen Änderungen der ELTIF 2.0-Verordnung und deren Auswirkungen auf die Vermögensverwaltung institutioneller Investoren.

Hintergrund: Entstehung und Zielsetzung der ELTIFs

Europäische Langfristige Investmentfonds (ELTIFs) wurden 2015 eingeführt, um Kapital für langfristige Investitionen in die europäische Realwirtschaft zu mobilisieren. Ziel war es, sowohl institutionellen als auch privaten Anlegern den Zugang zu Anlageklassen wie Infrastruktur, erneuerbaren Energien und kleinen bis mittelständischen Unternehmen (KMU) zu ermöglichen, die traditionell schwer zugänglich waren.

Trotz dieser ambitionierten Ziele blieb der Erfolg der ursprünglichen ELTIF-Verordnung hinter den Erwartungen zurück. Bis Ende 2022 wurden lediglich 77 ELTIFs in der EU zugelassen, was auf verschiedene strukturelle und regulatorische Hürden zurückzuführen war. Heute sind es laut Scope insgesamt 150 ELTIFs, verwaltet von 74 Asset-Managern.

Wesentliche Änderungen durch ELTIF 2.0

Die Reform der ELTIF-Verordnung, bekannt als ELTIF 2.0, trat am 10. Januar 2024 in Kraft und brachte zahlreiche Anpassungen mit sich, die darauf abzielen, die Attraktivität und Flexibilität dieser Fonds zu erhöhen. Zu den wichtigsten Änderungen zählen:

  • Erweiterung der Anlageklassen: Die Definition zulässiger Vermögenswerte wurde ausgeweitet. Investitionen in Immobilien wurden vereinfacht, da die vorherige Anforderung eines konkreten sozialen oder ökonomischen Nutzens entfiel. Zudem sind nun Investitionen in andere Fondsstrukturen wie Master-Feeder-Konstruktionen und Verbriefungen möglich.
  • Flexibilisierung der Portfoliostruktur: Der Mindestanteil an zulässigen Vermögenswerten wurde von 70 % auf 55 % gesenkt, wodurch der Anteil liquider Vermögenswerte im Portfolio auf bis zu 45 % erhöht werden kann. Dies ermöglicht eine bessere Liquiditätssteuerung und erhöht die Anpassungsfähigkeit des Fonds an Marktbedingungen.
  • Lockerung der Investitionsbeschränkungen für Privatanleger: Die bisherige Mindestanlagesumme von 10.000 Euro sowie die Begrenzung auf 10 % des Anlageportfolios für Privatanleger wurden aufgehoben. Dies erleichtert den Zugang zu ELTIFs für ein breiteres Anlegerpublikum.
  • Einführung offener Fondsstrukturen: ELTIFs können nun als offene Fonds mit regelmäßigen Rückgabemöglichkeiten strukturiert werden, was die Attraktivität für Anleger erhöht, die eine gewisse Liquidität wünschen. Dabei müssen jedoch angemessene Liquiditätsmanagement-Tools implementiert werden, um die Interessen aller Anleger zu schützen.
  • Erhöhung der Fremdfinanzierungsgrenzen: Bei Fonds, die auch Privatanleger ansprechen, liegt die Grenze nun bei 50 %. Diese Anpassung ermöglicht eine höhere Hebelwirkung und potenziell höhere Renditen, geht jedoch auch mit erhöhten Risiken einher.

Bedeutung für institutionelle Anleger

Für institutionelle Investoren eröffnen die Neuerungen der ELTIF 2.0-Verordnung vielfältige Chancen:

  • Diversifikation durch Zugang zu alternativen Anlageklassen: ELTIFs ermöglichen Investitionen in Private Equity, Private Debt, Infrastrukturprojekte und Immobilien. Diese Anlageklassen weisen oft geringe Korrelationen zu traditionellen Aktien- und Rentenmärkten auf und können somit zur Risikostreuung im Portfolio beitragen.
  • Langfristige Kapitalbindung für stabile Renditen: Institutionelle Anleger mit langfristigem Anlagehorizont, wie Pensionskassen oder Versicherungen, können von den stabilen und prognostizierbaren Cashflows profitieren, die aus Investitionen in Infrastruktur- und Immobilienprojekte resultieren. Die verlängerten Laufzeiten dieser Anlagen passen gut zu den langfristigen Verbindlichkeiten solcher Institutionen.
  • Flexiblere Portfoliosteuerung: Die Möglichkeit, einen höheren Anteil liquider Vermögenswerte zu halten, erlaubt es institutionellen Investoren, ihre Portfolios dynamischer an Marktveränderungen anzupassen, ohne die langfristige Ausrichtung zu verlieren.
  • Steuerliche Vorteile und regulatorische Effizienz: In einigen europäischen Ländern, wie Frankreich und Italien, bieten ELTIFs steuerliche Anreize, die die Netto-Rendite für institutionelle Anleger erhöhen können. Zudem profitieren Investoren von einem harmonisierten regulatorischen Rahmen innerhalb der EU, der grenzüberschreitende Investitionen erleichtert.

Herausforderungen und Risiken

Trotz der Vorteile sollten institutionelle Anleger auch die spezifischen Herausforderungen und Risiken von ELTIFs berücksichtigen:

  • Illiquidität: Trotz der Einführung offener Strukturen bleiben viele der zugrunde liegenden Vermögenswerte illiquide. Anleger sollten sicherstellen, dass sie die Liquiditätsprofile der Fonds verstehen und diese mit ihren eigenen Liquiditätsanforderungen in Einklang bringen.
  • Komplexität der Anlagen: Investitionen in alternative Anlageklassen erfordern spezialisiertes Wissen und Erfahrung. Institutionelle Investoren sollten sicherstellen, dass sie über die notwendigen Ressourcen verfügen oder mit erfahrenen Managern zusammenarbeiten, um die spezifischen Risiken und Chancen dieser Anlagen angemessen zu bewerten.
  • Regulatorische Anforderungen: Obwohl ELTIFs einen harmonisierten Rahmen bieten, müssen institutionelle Anleger die spezifischen regulatorischen Anforderungen und Meldepflichten in den jeweiligen Jurisdiktionen berücksichtigen, in denen sie tätig sind.

Als größtes Risiko schätzen die ELTIF-Assetmanager gemäß der Scope-Studie vom März 2025 die politische Unsicherheit und eine wirtschaftliche Rezession ein.

Fazit

Die Einführung von ELTIF 2.0 stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Attraktivität und Integration dieser Fonds in institutionelle Portfolios dar. Besonders die geringe Korrelation der ELTIF-typischen Anlageklassen zu klassischen Assetklassen macht eine Beimischungsstrategie interessant.

Daher zeigen Umfragen unter professionellen Investoren, wie in der aktuellen Scope-Studie zum Thema ELTIF im März 2025, dass Private Debt, Private Equity und Infrastruktur als besonders attraktive Zielmärkte angesehen werden. Die Studie hat zudem verdeutlicht, dass durch die Novellierung Privatanleger verstärkt in den Fokus der Anbieter rücken.

Trotz aller Risiken gehen nahezu alle Marktteilnehmer von einer deutlich steigenden Nachfrage nach ELTIFs aus – was sich vermutlich auch in einem wachsenden Angebot europaweit widerspiegeln wird.