Die Stimmung unter den deutschen Immobilienfinanzierern hat sich zum Beginn des Jahres 2024 aufgehellt. Der Deutsche Immobilienfinanzierungsindex (Difi)* macht im ersten Quartal im Vergleich zum Vorquartal 25,5 Punkte gut und erreicht einen Stand von minus 12,8 Punkten. Vom Tiefpunkt Ende 2022 hat er sich damit mittlerweile um 56,9 Punkte entfernt.
Der Difi wird von JLL und dem Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) erhoben sowie veröffentlicht und bildet die Einschätzungen von Finanzierungsexperten ab. Quartalsweise werden die Lage am Kreditmarkt in den vergangenen sechs Monaten und die erwartete Entwicklung in den kommenden sechs Monaten bewertet. Der Difi berechnet sich als ungewichtetes Mittel aus den Salden der beiden Teilindikatoren Finanzierungssituation und Finanzierungserwartung aller Nutzungsarten.
Wie bereits in den vergangenen Quartalen wird der Ausblick auf die kommenden Monate deutlich besser bewertet als die aktuelle Marktlage. So klettert der Erwartungsindikator um 28,9 Punkte nach oben und liegt nur noch hauchzart mit 0,7 Punkten im Minus. Der Situationsindikator legt zwar ebenfalls mit 22,1 Punkten kräftig zu, doch bleibt das Vorzeichen mit minus 24,8 Punkten tiefrot.
Dr. Jan Wedemeier, Senior Researcher am HWWI, kommentiert: „Die deutlich positivere Einschätzung der kommenden Monate beruht in erster Linie auf den erwarteten Zinssenkungen der Notenbanken und betrifft insbesondere die Nutzungsarten Büro, Wohnen und Einzelhandel. Die aktuellen Inflationsdaten dürften eine erste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank im Juni wahrscheinlich machen.
Alle betrachteten fünf Nutzungsarten konnten zum Jahresbeginn Punkte hinzugewinnen. Am kräftigsten fällt das Plus beim Wohnsegment aus, das um 40,3 Zähler auf 12,1 Punkte steigt. Damit ist Wohnen die einzige Nutzungsart mit einer positiven Gesamtbewertung. Hotel und Logistik liegen nach Zugewinnen von 27,4 Punkten und 18,7 Punkten mit Saldowerten von jeweils minus 5,2 Punkten dahinter. Auch der Einzelhandelssektor kann mit einem Plus von 28,4 Punkten kräftig Boden gut machen und kommt auf einen Zählerstand von minus 17,2 Punkten.
Lage und Vermietungsstand wichtigste Kriterien für die Finanzierung von Büroimmobilien
Schlusslicht bleibt das Bürosegment, das zwar um 12,6 Punkte zulegen kann, mit minus 48,3 Punkten jedoch weit abgeschlagen hinter den anderen Nutzungsarten rangiert. Auffallend ist hier die besonders große Lücke zwischen der Bewertung der aktuellen Lage und der künftigen Entwicklung in Höhe von 41,4 Punkten. „Es gibt berechtigte Hoffnung, dass es auch am Büroimmobilienmarkt im weiteren Jahresverlauf aufwärts geht. So dürfte die Nachfrage nach Büroraum wieder leicht anziehen und Leerstände konstant gehalten beziehungsweise moderat abgebaut werden. Auch die bevorstehende Zinswende der EZB hellt die Stimmung auf. In der Folge dürfte auch die Finanzierungsbereitschaft der Banken wieder zunehmen“, kommentiert Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.
Der Vermietungsstand von Büroimmobilien ist nach der Mikrolage für Finanzierer das zurzeit zweitwichtigste Kriterium bei der Kreditvergabe. Das hat eine Sonderbefragung für den aktuellen Difi-Report ergeben.
Demnach wird die Mikrolage von 64 Prozent und der Vermietungsstand von 56 Prozent als „sehr wichtig“ eingeschätzt. Fasst man die Antworten „sehr wichtig“ und „wichtig“ zusammen, sind es jeweils 84 Prozent der Befragten.
Knapp dahinter folgen die Mieterbonität und die Bonität des Kreditnehmers. Vergleichsweise unbedeutende Faktoren sind die Homeoffice-Affinität des Mieters sowie die Branche des Mieters. Auch die Laufzeit der Finanzierung wird von den Fachleuten als eher nachrangig bewertet.
Auf die Frage, welche Kriterien in den kommenden drei Jahren die größte Bedeutung haben werden, ändert sich zumindest auf den hinteren Plätzen wenig. Auch an der Spitze führt unverändert die Mikrolage den Kriterienkatalog an. Dahinter gibt es jedoch einige Verschiebungen. So wird perspektivisch das Thema ESG-Zertifizierung an Bedeutung gewinnen und sich von aktuell Rang sieben auf den zweiten Platz schieben. Auch auf die Makrolage werden die Finanzierer in nächster Zeit bei der Kreditprüfung einen strengeren Blick werfen, was dahingehend gedeutet werden dürfte, dass unter Risikogesichtspunkten in erster Linie die großen Städte im Fokus stehen werden. Der Vermietungsstand und die durchschnittliche Restlaufzeit der Mietverträge (Walt) werden dagegen relativ gesehen an Bedeutung verlieren.
Noch keine Trendwende bei Büroimmobilien
„Auf der Bankenseite sehen wir, insbesondere was die Bereitschaft zur Bürofinanzierung angeht, nach wie vor große Vorsicht. Das betrifft vor allem die Finanzierung von Bauprojekten, aber auch bei Bestandsfinanzierungen regiert ganz klar die Marktfolge und somit eine restriktive Kreditvergabebereitschaft“, sagt Timo Wagner, Team Leader Debt Advisory JLL Germany. Die Folge: Die Unternehmen und Projektenwickler müssen deutlich mehr Eigenkapital einbringen, wenn sie die Aussichten auf eine Kreditbewilligung steigern möchten. „Businesspläne mit Mietsteigerungen werden in der Regel nicht unterstützt. Der Blick der Pfandbriefbanken geht tendenziell in die Vergangenheit. Die Fundamentaldaten der Assets bestimmen die Finanzierungskonditionen – und diese werden konservativ ausgelegt und somit endet das Ergebnis häufig ernüchternd.“
Quelle: JLL